Der Weltuntergang Songtext - Franz Hohler

Der Weltuntergang - Franz Hohler

spoken prose:

Der Weltuntergang, meine Damen und Herren, wird, nach dem, was man heute so weiß, etwa folgendermaßen vor sich gehen:

Am Anfang wird auf einer ziemlich kleinen Insel im südlichen Pazifik ein Käfer verschwinden, ein unangenehmer und alle werden sagen:
"Gott sei Dank ist dieser Käfer endlich weg
Dieses widerliche Jucken das er brachte und er war immer voller Dreck!"

Wenig später werden die Bewohner dieser Insel merken, dass am Morgen früh, wenn die Vögel singen, eine Stimme fehlt. Eine hohe eher schrille
Wie das Zirpen einer Grille
Die Stimme jenes Vogels dessen Nahrung, es ist klar
Der kleine dreckige Käfer war!

Wenig später werden die Fischer dieser Insel bemerken, dass in ihren Netzen eine Sorte fehlt jene kleine aber ganz besonders zarte die – hier muss ich unterbrechen und erwähnen, dass der Vogel mit der eher schrillen Stimme die Gewohnheit hat, oder gehabt haben wird
In einer langen Schlaufe auf das Meer hinaus zu kehren
Und während dieses Fluges seinen Kot zu entleeren
Und für die kleine, aber ganz besonders zarte Sorte Fisch, war dieser Kot
Das tägliche Brot!

Wenig später werden die Bewohner des Kontinents, in dessen Nähe die ziemlich kleine Insel im Pazifik liegt, bemerken dass sich überall an den Bäumen, auf den Gräsern, an den Klinken ihrer Türen, auf dem Essen, an den Kleidern, auf der Haut und in den Haaren, winzige schwarze Insekten versammeln
Die sie niemals gesehen
Und sie werden's nicht verstehen
Denn sie können ja nicht wissen, dass die kleine aber ganz besonders zarte Sorte Fisch, die Nahrung eines größeren gar nicht zarten Fisches war, welcher seinerseits nun einfach eine andere Sorte jagte
Einen kleinen gelben Stichling von selbem Maß
Der vor allem diese schwarzen Insekten fraß!

Wenig später werden die Bewohner Europas, also wir, merken, dass die Eierpreise steigen und zwar gewaltig und die Hühnerfarmbesitzer werden sagen, dass der Mais, aus dem ein Großteil des Futters für die Hühner besteht, vom Kontinent, in dessen Nähe die ziemlich kleine Insel im Pazifik liegt, plötzlich nicht mehr zu kriegen sei, wegen irgendeiner Plage von Insekten
Die man mit Giften erfolgreich abgefangen –
Nur leider sei dabei auch der Mais draufgegangen!

Wenig später jetzt – geht es immer schneller –
Kommt überhaupt kein Huhn mehr auf den Teller.
Auf der Suche nach Ersatz für den Mais im Hühnerfutter, hat man den Anteil an Fischmehl verdoppelt.
Doch jeder Fisch hat heutzutage halt
Seinen ganz bestimmten Quecksilbergehalt!
Bis jetzt war er tief genug um niemand zu verderben
Doch nun geht's an ein weltweites Hühnersterben!

Wenig später werden die Bewohner jener ziemlich kleinen Insel im südlichen Pazifik erschreckt vom Ufer in die Häuser rennen
Weil sie das was sie gesehen haben absolut nicht kennen.
Die Flut hat heute – und dazu muß man bemerken der Himmel war blau und Wind gab es keinen und der Wellengang war niedrig wie stets bei schönem Wetter – und trotzdem lagen heute nachmittag die Ufer der Insel unter Wasser und natürlich wusste niemand, dass am selben Tage auf der ganzen Welt
Die Leute von den Ufern in die Häuser rannten
Und die Steigung des Meeres beim Namen nannten!

Wenig später werden die Bewohner jener ziemlich kleinen Insel im südlichen Pazifik von den Dächern ihrer Häuser in die Fischerboote steigen um in Richtung jenes Kontinents zu fahren, wo seinerzeit die Sache mit dem Mais passierte. Doch auch dort ist das Meer schon meterhoch gestiegen und die Städte an der Küste und die Häfen die liegen schon tief unter Wasser denn die Sache ist die, man musste das gesamte Federvieh, also sechs Milliarden Stück, vergiftet wie es war, verbrennen und der Kohlenstaub, der davon entstand, gab der Atmosphäre – durch Wärme und Verbrennung schon bis anhin strapaziert – den Rest. Sie ließ das Sonnenlicht wie bisher herein aber nicht mehr hinaus, wodurch sich die Luft dermaßen erwärmte, dass das Eis an den Polen zu schmelzen begann
Die Kälte kam zum Erliegen
Und die Meere stiegen!

Wenig später werden die Leute, die mittlerweile in die Berge flohen, hinter den Gipfeln weit am Horizont ein seltsam fahles Licht erblicken
Und sie wissen nicht was sie denken sollen
Denn man hört dazu ein leises Grollen
Und wenn einer der Älteren jetzt vermutet, dass nun der Kampf der Großen beginnt um den letzten verbleibenden Raum für ihre Völker
Da fragt ein Anderer voller Bitterkeit:
"Wie, um Himmels willen, kam es soweit?"

Tja meine Damen und Herren:
Das Meer ist gestiegen, weil die Luft sich erwärmte
Die Luft hat sich erwärmt, weil die Hühner verbrannten
Die Hühner verbrannten, weil sie Quecksilber hatten
Quecksilber hatten sie, weil Fisch gefuttert wurde
Fisch hat man gefuttert, weil der Mais nicht mehr kam
Der Mais kam nicht mehr, weil man Gift benutzte
Das Gift musste her, weil die Insekten kamen
Die Insekten kamen, weil ein Fisch sie nicht mehr fraß
Der Fisch fraß sie nicht, weil er gefressen wurde
Gefressen wurde er, weil ein anderer krepierte
Der andere krepierte, weil ein Vogel nicht mehr flog
Der Vogel flog nicht mehr, weil ein Käfer verschwand –
Dieser dreckige Käfer der am Anfang stand!

Bleibt die Frage, stellen Sie sie unumwunden
Warum ist denn dieser Käfer verschwunden?

Das meine Damen und Herren ist leider noch nicht richtig geklärt –
Ich glaube aber fast er hat sich falsch ernährt!
Statt Gräser zu fressen, fraß er Gräser mit Öl
Statt Blätter zu fressen, fraß er Blätter mit Ruß
Statt Wasser zu trinken, trank er Wasser mit Schwefel –
So treibt man auf die Dauer an sich selber eben Frevel!

Bliebe noch die Frage, ich stell mich schon drauf ein
Wann wird das sein?

Da kratzen sich die Wissenschaftler meistens in den Haaren
Sie sagen in zehn, in zwanzig Jahren –
In fünfzig vielleicht oder auch erst in hundert!
Ich selber habe mich anders besonnen –
Ich bin sicher der Weltuntergang, meine Damen und Herren, hat schon begonnen!


Video: Der Weltuntergang von Franz Hohler

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